2023 – der Versuch einer Zusammenfassung
Was dieses Jahr alles für mich war, wird sich mir wahrscheinlich in seiner vollen Gänze erst noch erschließen. Noch habe ich nicht komplett verarbeitet, was in den letzten zwölf Monaten mit mir und um mich herum passiert ist; dafür reichen die Raunächte nicht. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre ich dieses Jahr erst richtig erwachsen geworden, als hätte ich zum ersten Mal von der immensen Kraft gekostet, die ich aus meiner Authentizität, meiner Ehrlichkeit und meinem Mut schöpfen kann.
Es fühlt sich so an, als wäre ich mit einem Katapult auf den Mond geschossen worden und nach dieser abenteuerlichen Reise nun wieder auf der Erde gelandet. Als hätte ich mindestens ein halbes Jahr im Schleudergang verbracht. Als wäre ich in vielen Bereichen meines Lebens erst wirklich bei mir angekommen. Und als bräuchte mein neues Ich jetzt erstmal ein Weilchen, um sich in jede Zelle meines Körpers zu integrieren.
Anfang 2023 habe ich zum ersten Mal ein Wort für das neue Jahr ausgesucht. Es war FREUDE. Und dieses Wort habe ich voll und ganz gelebt. Auch in seinem krassen Gegensatz. Als zum Beispiel im frühen Herbst unser Kater starb und mein Schmerz über den Verlust unseres zweiten Seelentieres mich eine Zeitlang völlig verschluckte.
Jede zu treffende Entscheidung habe ich in diesem Jahr durch den Filter FREUDE laufen lassen, habe mich gefragt, ob ich dieses oder jenes wirklich machen will und es dann oft lieber gelassen, bin mir dabei noch treuer geworden, habe fast immer ehrlich gesagt, wie es mir geht – und warum – und habe dann so manches Mal die daraus resultierenden Konsequenzen betrauert, aber auch mit ihnen zu leben gelernt.
Ich habe Grenzen gesetzt, die mich neu definiert haben und die ich vorher nicht für möglich hielt; und mich dann über mich selbst gewundert, warum ich so lange damit gewartet habe.
Carsten und ich haben uns in die Fertigstellung und die Veröffentlichung von IMMER AM MEER ENTLANG hineingeworfen, haben für Josi und Paul alles gegeben was wir hatten und noch ein bisschen mehr. Unsere Energie, unsere Liebe, unsere Routinen, unsere Kreativität. Wir haben unseren Komfortzonen Goodbye gesagt und Dinge völlig anders gemacht. Wir haben uns online gezeigt, waren in verschiedenen Podcasts und Magazinen zu Gast, haben oft Ja, aber noch öfter Nein gesagt. Wir haben uns getraut, Kontakt zu uns unbekannten Menschen aufzunehmen, sie um Unterstützung zu bitten und diese Unterstützung ganz oft auch bekommen. Wir haben, trotz teilweise heftiger Diskussionen mit dem Verlag, immer auf unsere Intuition gehört, sie nie in Frage gestellt, uns selbst vertraut, dementsprechend gehandelt und so konnte IMMER AM MEER ENTLANG sogar auf die Bestsellerliste hüpfen.
Wir haben uns von Menschen und Dingen und einigen Kilos getrennt, sind kreuz und quer durch Deutschland, nach Dänemark, in die Bretagne und auf die Äußeren Hebriden gereist, haben Abstand gewonnen und wieder zu uns selbst gefunden. Wir haben an einsamen Stränden eiskalten Crémant getrunken, unsere Chuzpe und unsere Liebe gefeiert und dabei ein durch die Wellen tanzendes Otterpärchen und ein paar fröhlich singende Robben bestaunt. Wir haben viele Gespräche geführt und einige davon mitgeschnitten, um zu schauen, ob wir etwas daraus machen wollen. Wir haben in den Himmel geträumt, haben uns vom Sturm mitreißen lassen, haben Adler über uns hinwegschweben sehen, uns von Delfinen verzaubern lassen, haben dem Rauschen der Wellen gelauscht und uns unserem Traum hingegeben, irgendwann auch selbst am Meer zu leben.
Ich habe mir erlaubt, nicht gleich das nächste Buch zu schreiben, sondern in Gedanken noch weiter mit Josi und Paul unterwegs zu sein. Ich habe mich meinen Schatten gestellt, versucht, mich wahrhaftig zu entspannen und „Dringlichkeit und Ungeduld“ aus meinem Leben zu verabschieden. Ich habe jede einzelne Nachricht, die mich zu IMMER AM MEER ENTLANG erreicht hat, gefeiert, habe sie Carsten und mir selbst laut vorgelesen und dabei oft vor Rührung geweint. Mein Herz wurde mit liebevollen Begegnungen bei unseren Lesungen in Buchhandlungen, Gärten und Kirchen geschmückt. Jede Veranstaltung war ein weiteres unvergessliches Jahreshighlight für mich, jede Begegnung mit den Menschen vor Ort ein Fest.
Ich habe den Frühling, den Herbst und den Winter in unserem Häuschen im Wald verbracht, habe die Tulpen und Narzissen, die ich im Jahr zuvor mit Freundinnen gepflanzt hatte, wachsen, blühen und vergehen sehen, habe meinem Mann verzückt dabei zugeschaut, wie er eine neue Hollywoodschaukel und eine blaue Haustür baute, während ich einen geometrischen Rhabarberkuchen, Brote und Lasagne gebacken und an unseren roséfarbenen Rosen gerochen habe. Ich habe unseren Wald und sein Wachstum bewundert, jeden Tag die Vögel gefüttert und jedes Mal glücklich gelächelt, wenn ich sie fröhlich in den bereitgestellten Tränken habe baden sehen. Ich habe angefangen, mich mit der dicken Amsel Klops zu unterhalten und sie zu fragen, wie es ihr geht. Ich habe vier Eichhörnchenjunge in unserem kleinen Vogelfutterhaus entdeckt und war Zeugin, wie sie jeden Tag ein bisschen größer wurden und lustig miteinander durch den Garten tollten. Ich habe in der Sonne gelegen und bin durch den Schnee gestapft, habe mich gegen den Wind gelehnt, bin im Regen durch den Wald getanzt und habe neue Lieblingslieder laut mitgesungen. Ich habe Pläne gemacht und sie umgesetzt oder einfach wieder über Bord geworfen, habe einen Töpferkurs gemacht, wurde von lieben Menschen besucht, habe gute Gespräche geführt, Drinks erfunden und getrunken, Inspirierendes gelesen und gehört. Ich habe endlich meine Freundin in ihrem neuen, alten Haus besucht und weitere Freundinnen in die Arme geschlossen, die ich viel zu lange nicht gesehen hatte. Ich war mit Carsten auf einem Volksfest, bin mit ihm Autoscooter gefahren, habe ihm eine Rose geschossen und mich dabei gefühlt als wäre ich sechzehn.
Ich habe viel gelacht und viel geweint, mich oft gewundert, war mehrfach sehr überrascht und habe die volle emotionale Bandbreite von enthusiastisch bis desillusioniert mitgenommen. Ich hatte viel weniger Angst als je zuvor und habe mich viel mehr getraut als je zuvor, weil, letztendlich: Who cares? We all die in the end.
Ich habe manchmal gekämpft bis ich nicht mehr konnte und war danach besonders nett zu mir. Ich habe mir am helllichten Tag Badewannen und Biere eingeschenkt, mir eine Massage und Sushi, zwei hübsche Kleider, einen roten Pulli, Zeit und Liebe gegönnt. Und weil ich überhaupt keine Lust auf Weihnachten hatte, ist es einfach ausgefallen und ich saß mit Carsten, einem Glas Schampus, selbst gebackenem frischem Brot und leckerem Käse auf dem Sofa und habe All-You-Can-Eat von Felix und THE ERAS TOUR von Taylor auf einer großen Leinwand angeschaut.
Vielen Dank, liebes 2023. Du warst hart und weich, drüber und drunter, schwarz und weiß, gerade und schräg, ätzend und lieb, herzzerreißend und lustig, zehrend und nährend, neu und alt, best of und worst of und manchmal so schrecklich und so oft so unfassbar und unglaublich schön, dass es mir auch jetzt gleich wieder die Tränen in die Augen treibt.
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